Skitourenreise nach Spitzbergen

Ski & Sail in der Arktis

Bericht von Bruno, 13.05.2022

Anreise

Am Donnerstag, den 28.April gegen Abend treffen die Gäste aus der Schweiz im Flughafen Zürich beim Check-In Schalter ein. Unser Bergführer Ruedi Kellerhals begrüsst uns herzlich und organisiert das Einchecken am SWISS Desk. Kurz vor 9 Uhr abends startet das Flugzeug Richtung Oslo, unsere Reise in die Arktis hat begonnen.

In Oslo übernachten wir in einem Hotel beim Flughafen, dort stösst noch der letzte Gast aus Wien zu uns, die Gruppe ist nun komplett, das Abenteuer kann beginnen.

Am nächsten Morgen fliegen wir mit der SAS Richtung Spitzbergen und erreichen kurz nach Mittag die Stadt Longyearbyen. Bei strahlendem Sonnenschein und einer eiskalten Briese von Norden her verlassen wir das Flugzeug. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Stadt, bei dem sich einige noch mit wärmeren Kleidern eindecken, beziehen wir unsere Kabinen auf der Noorderlicht. Hier treffen wir auch die zweite Gruppe aus Deutschland, die mit ihrem Bergführer Thomas Schiller angereist ist. Gemeinsam werden wir von der Schiffscrew willkommen geheissen. Als Bindeglied zwischen der SV Noorderlicht und den Bergführern stellt sich Chris Gnieser als dritter Guide vor. Die Schiffscrew besteht aus dem holländischen Captain, Gert Ritzema, der früher selbst Eigner dieses Segelboots war und die Fjorde in Spitzbergen wie seine Westentasche kennt. Als erster Maat stellt sich der Schweizer Fabian Derungs gleich selbst vor und erläutert uns die Verhaltensregeln an Bord: «Ins Wasser fallen ist verboten», ist seine eindringlichste Botschaft. Als zweiter Maat fungiert Daniel aus Brasilien, als Matrosin die Dänin Mathilda. Weiter gehören auch die Köchin Amelins und die Unterstützung Ibrachir mit zur Crew.

In der Nacht trifft auch noch das fehlende Gepäck ein und am Morgen früh um 05:00 Uhr läuft die Noorderlich aus dem Hafen von Longyearbyen aus. Das erste Ziel ist der 25 Seemeilen entfernte Fjord Ymerbukta als Ankerplatz. Beim Morgenessen um 07:30 Uhr hat das Schiff den Fjord bereits erreicht. Auf Deck bietet sich eine eindrückliche Kulisse von Meer, schneebedeckten Bergen und dem Esmarkbren Gletscher. Auch ein einsames Walross sonnt sich auf dem Eis. Da in dieser Zeit hier oben im hohen Norden die Sonne nicht untergeht kann dies 24h im Tag erfolgen.

1.Tag: Sten De Geerdfjellet 558m, Skitour ab Ymerbukta (30.04.2022)

Nach einer kurzen Einführung auf Deck besteigt die erste Gruppe das Zodiak Boot und nimmt Kurs auf das Land, während sich die zweite Gruppe an Board mit Schwimmwesten ausrüstet. An Land stehen Skier und Stöcke bereits in Reih und Glied bereit. Ein sehr angenehmer Service der Bergführer. Die erste Tour dient der Eingewöhnung, bei -10°C und nur leichtem Nordwind erreichen wir nach knapp 2 ½ Stunden den Gipfel. Ein erstes Mal geniessen wir einen Rundblick über die unberührte Bergkulisse der Spitzbergen. Nach einer kurzen Abfahrt treffen wir am frühen Nachmittag wieder auf der Noorderlicht ein.

2.Tag: Tverkammen 830m, Skitor ab Tinayrebukta (01.05.2022)

Auf Grund der Wetterprognose entscheidet sich die Schiffscrew für eine Umkehrung des Programms. So legt die Noorderlicht über Nacht die 80 Seemeilen bis zum nördlichsten Punkt unserer Reise, dem Krossfjorden, in einem Stück zurück. Gemäss der Crew bestehe in den kommenden Tagen so die Möglichkeit, Segel zu setzen, ohne gegen den zunehmenden Nordwind aufkreuzen zu müssen. Die Fahrt durch den Forlandsundet erweist sich als richtige «Fotosafari». Auf der Backbordseite ragen die schneebedeckten Gipfel des Prins-Karls-Forland in die Höhe, auf der gegenüberliegenden Seite die Fjorde und Gletscher von Oscar II Land. Unser Ankerplatz im Nebenfjord Tinayrebukta erweist sich als Fundus bizarrster Eisskulpturen im Wasser. Kurzerhand wird das Zodiak zu Wasser gelassen und eine Bootstour durch den kleinen Fjord angeboten. Die anschliessende Skitour zum Tverkammen ist merklich kühler als der gestrig Aufstieg, der Nordwind hat deutlich zugelegt. Dafür ist das Gipfelpanorama noch spektakulärer.

3.Tag: Feiringfjellet 1’045m, Skitour ab Kongsfjorden (Blomstrand) 02.05.2022

Bei unserer Überfahrt zur nächsten Ankerbucht erweist sich die See für einmal von ihrer rauen Seite. Bei räumlichem Wind werden die Segel gehisst, die Noorderlicht schlingert mit fast 6 Knoten Fahrt Richtung Süden. Dies bekommt einigen Personen unter Deck nicht sehr gut. Zum Glück beruhigt sich die See bei der Einfahrt in den Blomstrand merklich; das Abendessen kann mit etwas Verspätung trotzdem eingenommen werden. Einmal mehr übertrifft sich die Küche wieder selbst. Die Verpflegung an Board ist absolute Spitzenklasse, Amelins wird einmal mehr von den Gästen zur Sterneköchin erhoben. Am nächsten Morgen steigen wir zum bisher höchsten Gipfel, dem Feiringfjellet auf 1’045m hoch. Nach knapp 4h erreichen wir den Gipfel. Die dann folgende Abfahrt kann sicherlich als einer der Höhepunkte der Skitourenreise bezeichnet werden. Wieder auf dem Schiff angelangt besteht vor dem Abendessen noch die Möglichkeit, den 30m hohen Mast zu besteigen. Hier bietet sich ein 360° Panorama des Blomstrand mit dem imposanten Gletschermassiv des Blomstandbreen.

4.Tag: Bjorgvigfjelett 465m, Überschreitung ab Ny-Alesund zur Engelskbukta (03.05.2022)

Für den heutigen Tag steht ein Besuch der kleinen Ortschaft Ny-Alesund auf dem Programm. Diese ist eine der nördlichsten Siedlungen der Erde und dient hauptsächlich internationalen Forscherteams als arktischer Standort. Hier oben leben gerade mal 30 Personen im Winter, im Sommer sollen es dann etwas 120 Personen sein. Wir besuchen das örtliche Museum mit seinen spannenden Exponaten zu den Nordpolreisen von Roald Amundsen und zu den Minenarbeiten der 1920er-Jahren. Auch eine Besichtigung des Turms, an dem Amundsen seinen Zeppelin befestigt hatte, gehört natürlich dazu. Mit den Skiern unter den Füssen verlassen wir den beschaulichen Ort und Überschreiten den Bjorgvigfjelett Richtung Engelsbucht. Die Noorderlicht verlässt in der Zwischenzeit den Pier von Ny-Alesund und begibt sich ohne Passagiere in die nächstgelegene Engelsbucht. Die Überschreitung erweist sich als recht abenteuerlich, zeitweise erfordern kleinere Eisfelder die volle Aufmerksamkeit der Alpinisten. Dafür lösen sich die Wolken immer mehr auf und auf dem zu Fuss erreichten Gipfel zeigen sich die Spitzbergen erneut von ihrer sonnigen Seite. Nach einer zügigen Abfahrt erreichen wir die Engelsbucht und auf der Noorderlicht wird einmal mehr eine warme Suppe als Stärkung serviert. Auch an kühlem Bier im Kühlschrank fehlt es natürlich nicht...

5.Tag: Lowzowfjella 696m, Skitour ab St. Jonsfjorden (04.05.2022)

Der St. Jonsfjorden darf wohl als einer der schönsten Buchten im Nordwesten der Spitzberge betrachtet werden. Es bietet sich einmal mehr eine atemberaubende Kulisse von unberührten schneeweissen Bergketten und langen Gletscherzungen, die ins ruhige Meer ragen. Im Fjord herrscht am Morgen praktisch Windstille, es zeichnet sich für einmal ein Aufstieg in leichter Kleidung an. Der Gipfelgrat zum Lowzowfjella ist klar der Höhepunkt des heutigen Tages. Bei schönstem Wetter geniessen wir die Aussicht in die Weiten der Bergwelt und den Blick zur Noorderlicht tief unten im St. Jonsfjorden. Wieder an Board werden erneut die Segel gehisst, auch Gäste mit einschlägiger Hochseeerfahrung unterstützen dabei die Schiffscrew nach Kräften. Wir nehmen Kurs auf unseren letzten Ankerplatz in den Isfjorden. Ein einsamer Polarfuchs begleitet uns ein Stück weit am Ufer entlang.

6.Tag: Daudmannen 770m, Skitour ab Trekhamnafjord (05.05.2022)

Kaum hat unser Schiff den Isfjorden erreicht erwachen alle Mobiltelefone wieder zum Leben. Unzählige Mails und Nachrichten der vergangenen Tage treffen ein, die Welt hat uns wieder. Erst jetzt wird uns allen so richtig bewusst, wie angenehm und entschleunigt die letzten Tage doch waren. Fern von der Hektik des Alltags verbrachten wir gemeinsam unsere Zeit, fernab vor jeglichen Einflüssen unserer Zivilisation. Unsere wunderschöne Ankerbucht in Trekhamna ist die letzte Bucht unserer Reise. Hier begegnen wir auch einem anderen Skiboot mit Schweizer Gästen, dass wohl die gleiche Idee gehabt hat. Beim Aufstieg zum Daudmannen kreuzen wir immer mal wieder mit der anderen Gruppe. Die Abschlussfahrt zum Schiff gehört schneetechnisch zum Besten was uns in dieser Woche begegnet ist. Zurück auf der Noorderlicht entschliesst sich Thomas noch zu einem Bad in der eisigen See. Kurzentschlossen schwimmt er eine kurze Runde im 1°C kalten Wasser, es finden sich keine Nachahmer an diesem Tag. Ein letztes Mal wird der Anker aufgezogen, die Noorderlicht nimmt Kurs zum Hafen in Longyearbyen.

Abschied

Gegen 17:00 Uhr legen wir am Hafen von Longyearbyen an. Anschliessend steht eine Stadtbesichtigung auf dem Programm. In dieser Zeit bereitet die Schiffscrew das Abschiedsessen zu.

Gemeinsam durften wir einen kurzen Blick in einen noch unberührten Winkel dieser Erde werfen. Die Erlebnisse der vergangenen Tage werden wohl noch lange in unseren Gedanken nachhallen. Die einzigartigen Weiten Spitzbergens, die grossartigen Abfahrten durch den Schnee, die spannenden Gespräche an Board bei Speis und Trank. Die Skitourenreise nach Spitzbergen hat meine Erwartungen in jedem Fall übertroffen.

Rubigen, den 13.05.2022 BW