Pulka-Kurs auf der Engstligenalp

Es war eine tolle Erfahrung

Bericht von Marc-André, 16.03.2021

Ein strahlend schöner Tag erwacht, als ich mich auf den Weg nach Adelboden mache. Ich freue mich auf den Kurs, der mir eine mir noch unbekannte Seite des Bergsteigens näher bringen soll. Insbesondere freue ich mich auch Lothar wiederzusehen, den ich seit meiner Kindheit kenne, da wir im selben Dorf aufgewachsen sind. Ein paar Minuten vor halb zehn treffe ich bei der Talstation der Engstligenalpbahn ein, wo Lothar schon wartet. Wir beide wollen uns für unsere bevorstehenden Abenteuer bestmöglichst vorbereiten und uns die Geheimnisse der fachgerechten Handhabung von Pulkas einweihen lassen. Wir wollen aber auch viele wertvolle Tipps rund ums Expeditionsbergsteigen erhalten.

Unser Bergführer Ruedi gibt uns als Erstes eine Lektion in Materialkunde und in kurzer Zeit entsteht eine ansehnliche Auslegeordnung an Ausrüstungsgegenständen und Lebensmitteln auf dem Parkplatz. Schon bald haben wir das Material auf die Pulkas verteilt und es geht mit der Luftseilbahn hinauf zur Engstligenalp. Nach einem kurzen Imbiss schultern wir unsere Rucksäcke und ziehen die Pulkas durch die Landschaft, die nicht ganz so flach ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Ruedi führt uns über die glitzernde Ebene, wo wir verschiedene Hindernisse zu meistern haben. Solange es flach geht, ist das Ziehen der Last kein Problem. Aber einen Bach zu überqueren (auf der Expedition könnte dies auch eine Gletscherspalte sein) ist schon nicht mehr so einfach. Als Krönung des Nachmittags erklimmen wir den rund 100 Meter hohen Bergrücken in Richtung Alp Rüebi. Hier zeigt sich rasch, dass eine Pulka-Expedition sehr schweisstreibend ist. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und meistern schlussendlich die letzten Höhenmeter.

Nachdem wir unseren Lagerplatz festgelegt haben, machen wir uns an die Einrichtung unseres "Höhenlagers". Schon bald sind die Zelte aufgestellt und Kocher in Betrieb genommen. Während der Schnee sich langsam in siedendes Wasser verwandelt, geniessen wir einen Apéro mit Wurst, Käse und Brot. Dabei versorgt uns Ruedi mit weiteren interessanten Tipps zum Expeditionsbergsteigen und wir fachsimpeln über das Bergsteigen. Zum Znacht kochen wir uns Pasta Carbonara, die wir mit einem Gläschen Rotwein geniessen. Am Himmel kündigt sich schon langsam der im Wetterbericht erwähnte Wintersturm an und wir verkriechen uns bald in unsere Schlafsäcke.

In der Nacht rüttelt der Wind, begleitet von Regen und Graupelschauern, an unseren Zelten. Das ist wohl nur ein lauer Vorgeschmack auf das was uns auf unseren Expeditionen erwarten wird.

Am Morgen erwachen wir kurz bevor die Wecker Ihren Dienst versehen. Gut, dass wir am Vorabend unsere Flaschen mit Wasser gefüllt haben. Nun brauchen wir das Wasser nur noch zu erwärmen und schon bald dampft heisser Kaffee in unseren Bechern.

Wie erwartet dauert es gut zwei Stunden bis wir das Frühstück gegessen, die Morgentoilette gemacht, die Zelte geräumt und abgebaut und das ganze Material wieder auf den Pulkas verstaut ist.

Wir machen uns auf den Rückweg. Aber dabei wählen wir nicht die einfachste Variante, sondern wir steigen einen steilen Abhang hinunter der uns zwingt, die Pulkas abzuseilen. Bei der ersten Abseilstelle haben wir noch einige Mühe, dass uns die Pulkas nicht entgleiten. Ab der zweiten Abseilstelle geht es dann schon viel besser, weil wir nun etwas mehr Zeit in die Einrichtung einer stabilen Standplatz-Sicherung investieren. Nachdem wir am Fusse des Abhangs angekommen sind, geht es gleich den nächsten Hang wieder hoch. Hier müssen wir jeden Schlitten einzeln über einen Seilzug den Hang hochziehen. Es ist schon beeindruckend festzustellen, dass beim zurücklegen von rund 150 Metern horizontaler Distanz fast zwei Stunden vergehen wenn dazwischen eine 60 Meter tiefe Mulde liegt.

Zum Abschluss kämpfen wir uns denselben Hang hinunter, den wir am Vortag erklimmt haben, um den Kurs dann auf der Engstligenalp bei einer schmackhaften Bratwurst ausklingen zu lassen.

Der Kurs wäre, coronabedingt, mangels Teilnehmer beinahe nicht durchgeführt worden. Ich bin echt froh, dass Lothar und ich uns den Luxus gönnten, etwas mehr für den Kurz zu berappen. So sind wir in den Genuss einer sehr persönlichen Ausbildung gekommen. Es war eine tolle Erfahrung. Danke Ruedi für die kompetente Durchführung und Dir, Lothar wünsche ich eine erfolgreiche Expedition.

Liebe Grüsse,

Marc-André