Dhaulagiri - Ankunft im Basislager

Der Monsun hatte uns fest im Griff.

Bericht von Andreas Neuschmid, 07.09.2018

Die Himalaya-Veteranen der 70er-Jahre äussern sich bisweilen ja etwas kritisch über heutige Expeditionen im Himalaya und Karakorum. Die Bergsteiger der manchmal etwas abfällig genannten „kommerziellen Expeditionen“ seien keine Abenteurer mehr sondern Touristen, die mit Helikoptern in die von den Sherpas vorbereiteten Basislager einschweben und sich dann zu Hunderten an Fixseil-Bahnen – ebenfalls von den Sherpas eingerichtet - hochhanteln würden. Dhaulagiri 2018 von K&P: Welcome to old school! Auf dem 9-tägigen Trekking durch das wilde Marsyangdy-Tal hatten wir mehr Abenteuer als uns lieb ist!

Traditionellerweise trafen sich Members und Bergführer im Shangri La Hotel in Kathmandu. Ein Zusammentreffen von Freunden: Yuri und Laura kamen von Mexiko, zusammen hatten wir vor zwei Jahren im C1 am K2 eine gehörige Portion Glück, als eine riesige Lawine unmittelbar neben uns vorbeirauschte, dann war da Jonas aus der Schweiz, der im Vorjahr am Spantik und Satopanth erfolgreich war und jetzt seinen ersten 8.000er versucht, so wie auch Florian aus Deutschland. Billi war noch auf UN-Mission in der Ukraine und wird sich im BC uns anschliessen. Bei einem ungemein feinen Abendessen im Restaurant Le Sherpa zusammen mit unseren lokalen Agenturchefs Subash und Dendi eröffneten wir ganz offiziell die Dhaulagiri Expedition 2018.

Ein 20-minütiger Flug brachte uns am frühen Morgen nach Pokhara, wo am Flughafen zwei Jeeps warteten, die uns nach Darbang brachten, dem Ausgangspunkt unseres Trekkings zum Basislager. Die Bewohner von Darbang versammelten sich am Abend vor unserem Hotel und veranstalteten einen äusserst herzlichen Folkloreabend mit Musik und Tanz, um ein wenig Geld für die Schule des Dorfes zu sammeln. In Darbang trafen wir auch unser Sherpateam, ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Mit Lale Sherpa aus dem Langtang verbinden mich verwegene Abenteuer im Himalaya seit 2011 und mit Tashi Sherpa aus dem Khumbu arbeite ich seit dem K2 2016 zusammen, neu hinzu kam der 21-jährige Sonam Sherpa aus dem Solu Khumbu, der aber auch schon am Manaslu und Everest stand. Neu im K&P Expeditionsteam auch Kanche Lama, der Koch aus dem Langtang. Unterstützt wird er von seinen Kitchen Boys Dangima, Karma, Lhakpa Nuru und Kancha.

Das Trekking entlang dem Myangdy River war vor allem eines: nass! Der Monsun hatte uns fest im Griff. Die Blutegel am zweiten Tag hatten eine Vorliebe für den Expeditionsleiter, an diesem Tag stürzte ein Muli mit Ausrüstung an einer besonders exponierten Stelle in den Abgrund, am dritten Tag waren die Bäche so angewachsen, dass kein Überqueren für Mensch und Muli mehr möglich war. Wir mussten wieder zurück zu unserer feuchten Lodge nach Doban, starteten früh am nächsten Morgen und in einer haarsträubenden Aktion brachten wir ohne Verlust das Team, die Mulis und die ganze Ausrüstung über die noch immer beeindruckenden Wassermassen. An diesem Tag folgten noch einige solche Manöver, bevor wir dann endlich im Italian Basecamp aus dem Dschungel herauskamen und dort auf 3.600m zwei Nächte verbrachten. Die Porters mussten mit Pickeln und Schaufeln noch den Zugang zum Gletscher für Mensch und Tier etwas entschärfen, aber am achten Tag unseres Trekkings erreichten wir im strömenden Regen das Basislager auf einer Moräne. „I like this sort of adventure!“, meinte unser Expeditionsarzt Yuri und zauberte eine Flasche Tequila aus seinen völlig durchnässten Taschen.

In zweitägiger harter Arbeit verwandelten wir die unwirtliche Moräne in ein luxuriöses Basislager. Plattformen für die Zelte für die Members, Sherpas, Küche, Lager, Dusche und Toilette mussten mit Pickel und Schaufel hergerichtet werden, die Funkanlage und das Internet installiert werden, alle halfen tatkräftig mit und so konnten Sonam und der Bergführer schon am zweiten Tag den Zugang zum Gletscher durch die Felswand, die wegen ihrer Form von den Bergsteigern „Eiger“ genannt wird, mit Fixseilen versichern. Gestern brachten wir dann alle zusammen viel Ausrüstung zum Gletscher hinauf und deponierten alles in einem Zelt auf etwa 5.100m auf halben Weg zum Camp 1.

Die Prognostiker von Meteotest Bern versprachen für die nächsten zwei Tage eine Wetterbesserung, wir werden daher morgen versuchen, nach Camp 1 in 5.900m am North Col zu kommen, um dort eine Nacht zu verbringen. Die Stimmung in der Mannschaft ist trotz der harschen Bedingungen ausgezeichnet, alle sind gesund und optimistisch.

Herzliche Grüsse aus dem Dhaulagiri BC,

Andreas Neuschmid

Bergführer