Skitourenreise nach Spitzbergen, Ski & Sail in der Arktis

Bericht von Uli Meyer , 02.05.2023

Blau, weiß, blau – das müssten eigentlich die Nationalfarben Spitzbergens auf dem 79 Breitengrad sein.

Blau für die die tiefblauen Fjorde, die mit arktischem Wasser gefüllt sind, weiß für die spitzen Berge und ewig großen Gletscher in den weiten Tälern und wieder blau, für den weiten Himmel ohne Flugzeugkondensstreifen oder sonstige Störungen, die man aus unseren Breiten so kennt. Es gibt nur Berge und Wasser - viel Wasser und noch mehr Berge.

Mit gemischten Gefühlen haben sicher einige der Teilnehmer: innen der Ski & Sail Reise nach Spitzbergen ab Zürich, Bern, München oder Frankfurt angetreten. Was erwartet mich da oben – mit einer Gruppe unbekannter (aber gleichgesinnter) Menschen für eine Woche auf 46m x 7m zu wohnen. Denn so groß war unser Zuhause – der Zweimaster Noorderlicht.

Werde ich seekrank, wie groß sind die Kabinen, gibt es Duschen, kann ich meine Ausrüstung nach der Tour trocknen und halte ich eine Woche ohne große Privatsphäre aus? Alles berechtigte Gedanken, und „Sorgen“ die auch mir als Bergführer vor der Reise durch den Kopf gegangen sind. Daß es aber eine so eindrucksvolle und phänomenale Reise werden wird, hätte ich mir vorher in keiner Weise vorstellen können.

Beim ersten Treffen am Flughafen in Oslo und später beim Boarding im Hafen von Longyearbyen waren die Kontakte und Gespräche noch verhalten - später aber, nach dem ersten Abendessen, dem ersten Frühstück, der ersten Dingi-Fahrt an Land und der ersten Skitour auf den Daumannen war klar, wir sind ein Team, eine Besatzung und eine Noorderlichtfamilie.

Unterstützt und umsorgt von einem holländischen Kapitän mit gerade mal 30 Jahren, einem ersten Steuermann aus Spanien, einer zweiten Steuerfrau aus den Niederlanden, einer Seefrau ebenfalls aus den Niederlanden und Isabel unserer Köchin aus Spanien.

Nahezu unaussprechliche Tourengipfel wie Lwzowfjellet, Lars-Hierrafjellet und Rudmosfjellet sollten noch folgen – dazu Ankerplätze mit den schönen Namen Kongsfjorden, Engelsbukta und Colebukta.

Nach den Skitouren empfing uns unsere Köchin immer mit einer hausgemachten Suppe und kleinen herzhaften „Schmankerln“ zum Mittagessen.

Nachdem alle an Bord waren und das Dingi wieder aus dem Wasser gezogen war, legte die Noorderlicht meist gleich ab und tuckerte in gemütlicher Fahrt an unzähligen Eisschollen und Bergen vorbei. Großes Kino für alle, die es länger an Deck ausgehalten haben - die Fotografen in der Gruppe zum Teil in Daunenanzügen – aber mit der Zeit kriecht die Kälte dann doch unter die Haut…

Hin und wieder läutete die Schiffsglocke, wenn es etwas Außergewöhnliches zu sehen gab: Eine Robbe, ein Walross auf einer Eisscholle oder eine Gruppe Orcas bei der Jagd.

Die Glocke für einen Ureinwohner der Arktis - den Eisbär- blieb leider auf der ganzen Reise stumm…

Mit drei Bergführern an Bord hatten wir immer die Möglichkeit verschiedene Neigungsgruppen bei den Touren zu bilden – einen Gipfel mit Abfahrt wie Aufstieg, einen Gipfel mit Überschreitung, oder das „große Paket“ mit zwei/drei Gipfeln und Überschreitung waren möglich – nicht zuletzt auch dadurch möglich, dass wir auf allen 6 Skitouren perfektes Wetter hatten.

Ein Besuch in Ny-Alesund, einer Forschungsstation vieler Nationen im Kongsfjord, durfte natürlich nicht fehlen.

Bei einem abendlichen Landgang in Daunenjacke tauchten wir kurz in die Geschichte der Polarforschung und Eroberung der Pole ein - mit großen Namen wie Roald Amundsen und Umberto Nobile - sowie in den Kohleabbau in Ny-Alesund in den 1920er Jahren. Um 23:00 Uhr ging es zurück aufs Schiff und wir stellten fest, dass die Sonne tatsächlich immer noch eine Handbreit über dem Horizont stand (ging sie doch schon seit fast einer Woche nicht mehr unter).

Ein kleiner Motorschaden an unserem Dingi brachte uns am vorletzten Tag ein paar Stunden früher als erwartet und ohne Skitour an diesem Tag zurück nach Longyearbyen. Es schneite und die Wolken lagen fast auf dem Fjord – so war niemand traurig darüber ein paar Stunden in den Geschäften, Bars oder dem Museum der „Hauptstadt“ (2000 Einwohner) zu verbringen.

Nach einem Captains Dinner und einer letzten Nacht im Hafen hieß es dann auch schon Abschied zu nehmen von unserem schwimmenden Basislager Noorderlicht.

Mit einer letzten Skitour und dem Besuch einer Eishöhle verbrachten wir den letzten Tag bis zu unserem Abendflug nach Oslo.

Ski & Sail auf Spitzbergen, ist eine Reise, die definitiv tief unter die Haut geht, eine Reise, die an landschaftlicher Schönheit fast nicht zu überbieten ist, eine Reise, die mich zwei Tage später immer noch leicht schaukelnd an die Noorderlicht erinnert, und unendliche weiße Berge und blaue Fjorde vor meinem inneren Auge auftauchen läßt!

Ein sensibles Refugium der Erde, so unfassbar schön und zum Niederknien…