Eine fröhliche Gruppe traf sich in Zürich am Gruppenschalter. Alle gut ausgestattet mit Outdoor Klamotten. Überwiegend junge Gesichter schauten mich erwartungsvoll an. „Ob ich diese Erwartungen erfüllen kann?“ Viele Fragen mussten in Ihren Köpfen stecken, die alle auf Antworten warteten. Ich versuchte, zu beruhigen. „Step by step“, dachte ich mir. Es begann schon mit dem Gepäck: Zu viel ist zu viel. Also Seile raus, Steigeisen und Pickel dalassen. „Aber das steht doch alles in der Ausschreibung“, kam eine besorgte Stimme von Regina zurück. „Ja, bei wenig Schnee ist das sicher notwendig, aber wir werden diesmal viel Schnee“, erklärte ich.
Ob ich damit alle überzeugen konnte, weiss ich nicht. Einige nahmen Ihr Material mit nach Norwegen, andere versorgten es im Schließfach des Flughafens.
Das Einchecken am Gruppenschalter in Zürich verlief unkompliziert. Mit je einem Zwischenstopp in Kopenhagen und Oslo erreichten wir am Abend den Tromsö Airport. Dort standen unsere reservierten Fahrzeuge bereit und wir fuhren gleich damit in unser Hotel nach Tromsö.
Riesige, unberührte Schneeflächen betraten wir bei unserer ersten Skitour direkt über Tromsö. Es hatte die letzten Wochen ziemliches Sauwetter geherrscht und dabei musste viel Schnee gefallen sein. Dass wir jetzt diesen sagenhaften Tiefschnee nutzten konnten, war unbeschreibliches Glück. Der „Hügel“ - nicht abwertend gemeint - des Litje Kjolen ist nur 659 m hoch und der Hausberg von Tromsö. Es war Montag und wir waren alleine hier. Zwei Anstiege machten wir und konnten dabei fast 1000 Höhenmeter im Aufstieg und für die Abfahrt sammeln. Alle waren begeistert von der ersten Skitour in Norwegen.
Anschließend fuhren wir über eisglatte Straßen ca. 150 km auf die Halbinsel Lyngen in unser Quartier. Koppangen - ein kleiner Weiler am Ende der Straße am Ostufer der Halbinsel - direkt am Meer gelegen. Es war bereits spät, als wir ankamen. Wir richteten uns in unseren Appartements ein und gingen bald schlafen.
Am Morgen begann ein traumhaft schöner Tag: Unser Ziel, den Fastdaltinden, konnte man schon erkennen. Eine breite, steile Waldschneise leitete uns über den zarten Birkenwald hinauf über die Waldgrenze. Die ist dort bei etwa 300 m. Darüber: Alles freie, im Sonnenlicht gleissende Schneehänge. Unser Gipfel war fast 1000 m über uns und es gab keine einzige Spur am Berg. So etwas ist in den Alpen fast nicht mehr möglich – das ist Skibergsteigen „pur“. Zügig spurten wir bergan. Die steilen, 600 Meter hohen Flanken an der Ostseite des Berges wollen genau studiert sein, um eine ideale Aufstiegsspur zu finden. Wir fanden eine gute Möglichkeit, knapp unterhalb eines Felsgrates, eine „rationelle“ Spur zu legen. Damit meine ich „kraftsparend und doch zügig Höhe gewinnen“. Bald standen wir am Gipfel. Es war ein wunderschöner Ausblick hinunter auf die Fjorde und die schier unendlichen, jungfräulichen Tiefschneehänge. Die Gruppe liess es sich nicht nehmen, eine zusätzliche Abfahrt zu machen und erneut auf den Gipfel zu steigen. Dann die Finalabfahrt über die Ostflanke des Berges. Jedem einzelnen, der dannunten ankam, stand das Grinsen im Gesicht. Die Freude über so eine Abfahrt war gewaltig.
Und so ging es die ganze Woche weiter. Es trübte auch den Spass nicht, als wir oben - unterhalb des Tafeltinden – sassen, eingehüllt im Nebel und dickem Schneefall. In einer Stunde gab es sicher nochmal 20 cm Neuschnee auf den schon über einen Meter tiefen Pulverschnee drauf. Wir warteten auf Wetterbesserung - angelehnt an die Wetterregel „was schnell kommt, vergeht auch schnell wieder“! Auf meinen Nachsatz, „das ist wie in der Liebe …“ kamen einige ins Schmunzeln. Es wurde aber nicht besser. So „powderten“ wir zurück nach Koppangen.
Die Tage darauf machten wir weitere grandiose Skiitouren. Immer im besten Tiefschnee abfahrend - und grösstenteils waren wir alleine am Berg. So manch ein Teilnehmer aus unseren Gruppen stieg dabei von der kurzschwingenden und platzsparend fahrenden Alpinisten-Liga in die Freeride-Liga auf. Wir genossen die riesiegen Schwungradien und Highspeed Abfahrten über die fantastisch weiten Schneehänge der norwegischen Berge.
Auch der letzte Tag konnte dem fantastischen Erlebnis der Woche nichts mehr anhaben. Er wurde zu einem echten Materialtest. Zuerst Minusgrade im Tal, dann Eisregen, dann weiter oben Wind und nasse Kälte. Klar, dass bei so einem Wetter die Abfahrt zur Nebensache wurde. Sicher runterkommen ist vor allem am letzten Tag noch wichtig. Mittels „alpinem Sicherheitsschwung“ pflügten wir den jetzt honigartigen, nassen Pulverschnee hinunter. Der eng stehende Birkenwald verlangte dann nochmals Spritzigkeit von uns - galt es doch, im Stangenwald nicht einzufädeln.
Alles ging gut. Bei einem schönen Abendessen mit herzlichen und lobenden Ansprachen zu der schönen Kameradschaft und auf ein gesundes Wiedersehen liessen wir die Woche ausklingen.