Fotos: Markus Weber
Nach einem Nachtflug mit Umsteigen in Doha (Qatar), erreichen wir Kathmandu mit einem leichten Jetlag. Das komfortable Hotel «Yak und Yeti» ist aber ideal, um sich auszuruhen und langsam an die Kultur Nepals zu gewöhnen. Wir sind sechs erfahrene Bergsteiger. Zwei Teilnehmer sind aus Deutschland angereist, vier aus der Schweiz. Geleitet wird die Expedition vom erfahrenen und erprobten Berner Oberländer Bergführer Markus Weber sowie einem lokalen Sherpa-Team.
Nach ersten kulinarischen Höhenflügen (die nepalesische Küche ist fleischarm und echt lecker!) freuen wir uns auf den Inlandflug in den Himalaya, nach Lukla. Wir packen unsere Siebensachen und sind pünktlich um 04:30 Uhr morgens am Flughafen. Wegen Nebels können jedoch die Propellerflieger, die den Gebirgsflughafen Lukla rein auf Sichtflug bedienen, nicht abheben. Wir werden auf später vertröstet und verbringen den ersten Tag im Terminal. Nach 10 Stunden warten wird der Flug vollends abgesagt – das kommt anscheinend öfters vor. Am nächsten Tag konnte uns aber Subash, unser Organisator vor Ort, Plätze in Heli-Sonderflügen organisieren. So kommen wir doch noch von Kathmandu weg und starten unsere Akklimatisations-Trekking Tour.
Diese führt uns von ca. 2600 Meter über Meer (m) über Namche Bazar (3500m), Dole (4000m) und Machhermo (4200m) nach Gokyo (4800m). Die Tagesetappen sind umsichtig und defensiv gewählt, so dass wir genügend Zeit haben, uns an die Höhe zu gewöhnen. Das erste Ziel ist der Lobuche East Gipfel, ein 6000er, der sich sehr gut mit unserer Akklimatisations-Trekkingtour verbinden lässt und sich gut eignet, die Ausrüstung und das gesicherte Gehen am Fixseil zu üben.
Markus, unser Bergführer, stets vorbildlich verhüllt und warm angezogen, warnt uns vor der trockenen, staubigen Luft und vor Erkältungen, insbesondere vor dem berühmt-berüchtigten Khumbu-Husten. Trotzdem hat es vier von uns erwischt, einen nach dem anderen. Bei mir selber sind die Nebenhöhlen so verstopft, dass ich mich kaum akklimatisieren kann und von akuten Symptomen der Höhenkrankheit heimgesucht werde, kombiniert mit einem ärgerlichen Schnupfen. Ich kann kaum einen Schritt mehr aufsteigen und lasse mich dem Rettungs-Heli auf milde 4000m herunterfliegen, um mich auszukurieren. Hier nochmals ein grosses Lob an alle involvierten Organisatoren (v.a. Ruedi, Markus, Subash und die Sherpas), welche dies effizient koordiniert haben! Dank der ärztlichen Betreuung (lokal und per Telefon aus der Schweiz) fehlt es mir an nichts und ich kann mich vollends erholen, während der Rest der Gruppe den «Übungsgipfel» Lobuche East mit Bravour meistert!
Wir treffen uns nach vier Tagen im Ama Dablam-Base Camp auf 4600m wieder. Hier haben wir sieben Tage eingeplant, um den Gipfel der Ama Dablam über die Normalroute, den Südwestgrat, zu besteigen. Dies reicht normalerweise bei weitem aus, und wir können die weitere Akklimatisierung und die Gipfelbesteigung dem Wetter, den Verhältnissen und unserer gesundheitlichen Form anpassen. Seit diesem Jahr wird jeder und jedem Teilnehmenden ein Climbing Sherpa zugeteilt, und so lässt sich dies individuell planen, ähnlich wie mit einem Privatbergführer in der Schweiz.
Zwischen dem Basecamp (4600m) und dem Gipfel der Ama Dablam (6810m) befinden sich das «Yak-Camp» (5400m), das Camp 1 (5600m), das Camp 2 (6200m) und das Camp 3 (6400m).
Da wir individuelle Sherpas haben, steigen wir nicht alle am gleichen Tag auf, haben aber ähnliche Pläne. Ich entscheide mir für zwei Akklimatisationstouren und dann den Gipfelversuch. Also am ersten Tag nur bis zum Yak-Camp und zurück zum Base Camp, dann ein Ruhetag; danach zum Camp 2 hochklettern und absteigen zum Camp 1, dort übernachten und zurück zum Base Camp und nochmals ein Ruhetag. Dann der Gipfelversuch, zuerst auf Camp 1, dort etwas liegen («übernachten» wäre wohl übertrieben) und um 23 Uhr dann los: mit der Stirnlampe durch die Nacht, hinein in schönes, griffiges Blockgelände im II. und III. Grad. Die Schlüsselstelle, der Yellow Tower, eine knackige Kletterstelle im V. Grad, kommt mir auf 6100m bei Nacht und mit Rucksack nicht leicht vor, dennoch schaffe ich es (fast), die Schlüsselstelle frei zu klettern und das Fixseil nur zur Selbstsicherung zu verwenden. Zwischen dem Camp 2 und dem Camp 3 befindet sich der sehr ausgesetzte Mushroom Ridge, bei dem es wohl gar nicht schlecht ist, dass es dunkel ist, so dass man sich nicht links und rechts von den tiefen Abgründen ablenken lässt. Auf dem Camp 3 kochen wir Schnee ab und verpflegen uns, und ich freue mich über die Morgendämmerung. Nun geht es eine 70-Grad-Firnflanke hoch, neben dem berüchtigten Hängegletscher vorbei, gnadenlos senkrecht hoch bis zum Gipfel. Wenn es den Yeti tatsächlich geben sollte, dann sind die Spuren definitiv von ihm: die Spur zieht sich über fast meterhohe Tritte, an welchen wir uns hochquälen, bis zum Gipfel. Doch die Yeti-Strapazen lohnen sich. Um 08:45 Uhr erreiche ich den Gipfel und wir alle werden von einem fantastischen Rundumblick belohnt. Wir blicken auf Everest, Lhotse, Makalu, Kanchenzönga und unzählige lokale 7000er und 6000er.
Wir geniessen das milde Wetter auf dem Gipfel, bevor alle in ihrem eigenen Tempo wieder absteigen und abseilen. Ich erreiche das Base Camp um etwa 18 Uhr und freue mich auf eine warme Mahlzeit und mein eigenes Zeit.
Der Ama Dablam ist ein grossartiger Berg. Er überzeugt mit seiner markanten, ästhetischen Form und auch mit seiner abwechslungsreichen Route, über guten Fels, Firn, etwas Eis, steile Couloirs, Grate und Flanken.
Nach fast vier Wochen im Himalaya kommt uns der zweitätige Abstieg nach Lukla nur noch wie ein gemütlicher Spaziergang vor. Und wir haben Glück: wir können am gleichen Tag noch von Lukla nach Kathmandu fliegen und dort die grossartige Expedition bei feinem Essen und guter Gesellschaft ausklingen lassen. Danke an alle Teilnehmenden und an die fachkundige Leitung!