Cordillera Blanca - dritter Streich

La vida es bella!

Bericht von Domi Meyer, 15.06.2018

Cafe Andino, Huaraz. Hier kann ich bei Kaffee & Kuchen gemütlich verweilen und die vergangenen Tage Revue passieren lassen.

Letzten Sonntag brachen wir nach Musho auf. Schon von weitem schauten der Huascaran Sur & Norte in ihrer Pracht und Dominanz auf uns ehrfürchtigen Gipfelaspiranten herab. Je näher wir uns dem Ausgangsort näherten, desto mehr wuchs der Huascaran in die Höhe und wir fühlten uns kleiner und demütiger.

Froh das staubige Musho möglichst schnell hinter uns zu lassen, brachen wir zu unserem ersten, noch unterhalb des Glaciar Raimondis gelegenen Lager auf. Dieses einsame Camp auf 4200 Metern, eingebettet in die hochgelegenen Bergwiesen der Anden, war eine der schönsten Schlafstätten der ganzen Reise. Der nächtliche Blick über die weiten Eukalyptuswälder auf die in der Ferne glitzernden Lichter der gegenüberliegenden kleinen Dörfer war ausserordentlich schön.

Gemütlich machten wir uns am nächsten Morgen über glattgeschliffene Platten zum Beginn des Gletschers auf. Die mächtige Westwand mit dem markanten Eisschild, auch Escudo genannt, war schon sehr nahe gerückt. Während des weiteren Anstiegs bis zum ersten Hochlager unterhalb der Wand stieg die Nervosität merklich. Mehr und mehr Einblicke auf die Canaletta und die anschliessende Traverse eröffneten sich uns. Die Passage zum Pass zwischen dem Süd- und Nordgipfel ist ebenso berühmt wie berüchtigt und gefürchtet. Mächtige Eisbalkone hängen während fast der gesamten Strecke drohend über der Aufstiegsspur. Wir versuchten uns nicht zu fest einschüchtern zu lassen und bauten das Lager für die Nacht in sicherer Distanz zur Wand auf.

Noch mitten in der Nacht begaben wir uns auf den Weg um diesen heiklen Teil des weiteren Anstieges hinter uns zu bringen. So schnell als möglich es auf über 5000 Metern ging, schlichen wir mit gelegentlichen ängstlichen Blicken nach oben an den riesigen Eisgebilden vorbei und erreichten erleichtert das Highcamp kurz unterhalb des Passes. Hier konnten wir uns entspannen und begannen bald damit grosse Plattformen für die Zelte in den Hang zu graben. Währenddessen stiegen Wilder und Ronald zur Erkundung des Weges zum Col hoch. Es war eine mühselige und anstrenge Angelegenheit. Als erste Expedition der laufenden Saison galt es den Weg im tiefen Schnee durch das Spaltenwirrwarr zu finden. Wir sassen inzwischen bei der nachmittäglichen Kaffeerunde, als mich ein ungutes Gefühl beschlich. Stunden waren seit ihrem Aufbruch vergangen und gespannt warteten wir auf ihre Rückkehr. Glücklicherweise wurde unsere Geduld nicht mehr viel länger auf die Probe gestellt. Sichtlich abgekämpft und müde kehrten die beiden kurz darauf zurück. Den Gesichtern und der gedämpften Laune der sonst immer so fröhlichen Jungs war schnell zu entnehmen, dass etwas im Busch war. Das Geheimnis lüftete sich schnell. Wilder berichtete uns von mächtigen Gletscherspalten, 6 Meter und mehr breit, die den Zugang vom Col zum Gipfelaufbau versperrten. Hin- und her seien sie gelaufen, immer in der Hoffnung doch noch den erlösenden Durchschlupf zu finden. Schliesslich mussten sie sich irgendwann geschlagen geben, die Situation akzeptieren und wieder absteigen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, was ihnen auf dem Rückweg durch die Köpfe gegangen sein musste. Hatten wir doch den heikelsten Teil der Route bereits hinter uns und uns gedanklich schon fast auf dem Gipfel gewähnt. Es fiel ihnen sichtlich schwer die enttäuschende Nachricht zu überbringen. Aus der Traum vom dritten Streich und dem Gipfel des Huascaran. Schön wäre es gewesen die Trilogie zu schaffen. Das Pünktli auf dem i. Doch der Berg hatte gesprochen und es blieb nichts anderes als zu akzeptieren, dass es nicht sein sollte. Etwas traurig, aber mit der Gewissheit bereits zwei tolle Gipfel erreicht zu haben, machten wir uns erneut früh am Morgen an den Abstieg und die Rückfahrt nach Huaraz.

Nun bleiben uns noch zwei entspannte Tage in Huaraz. Es lässt sich wunderbar die nähere Umgebung erkunden, die vielfältige Kulinarik Perus geniessen, Pisco Sour schlürfen - la vida es bella!

Mein herzlicher Dank geht an Lukasz, Daniela, Simon & Ruedi. Es war toll mit euch unterwegs sein zu dürfen.

Last but not least gebührt mein grösster Dank der Crew von Explorandes. Mit viel Hingabe und Herzblut ermöglichten sie uns dieses gelungene Abenteuer inmitten der Anden. Mucho gracias!