Ankunft im Basislager und erster Ausflug ins Hochlager

Bericht von Simon Sarbach, 22.07.2021

Samstag 10 Juli - Anreise von Zürich nach Kirgistan

Seit über einem Jahr versuchte ich an einer Expedition mit Kobler & Partner teilzunehmen. Doch immer wieder machte das Corona Virus einen Strich durch die Rechnung. Die Expedition Pik Lenin konnte mit ein paar Auflagen wie PCR-Test und einer Impfung durchgeführt werden. Ich freute mich nach dem langen Warten, dass es endlich los ging. Die Teilnehmer aus der Schweiz trafen sich alle am Flughafen Zürich. Es war eine kunterbunte Truppe. Ich staunte nicht schlecht als ich sah, wie viel Reisegepäck die anderen Teilnehmer dabei hatten. Entweder fehlte mir die Hälfte oder jene hatten kein Mass beim Mitnehmen. Ich liess mir nichts anmerken, machte mir aber schon das erste Mal meine Gedanken. «Abgerechnet wird immer zuletzt» war mein Motto.

Das Check-In verlief einwandfrei. Abflug nach Istanbul war pünktlich um 19.30Uhr. Nach 3 Stunden Flug, stiessen am Flughafen Istanbul die deutschen und österreichischen Gäste dazu – somit waren wir mit 20 Teilnehmer komplett. Abflug nach Bishkek um 01.00 Uhr – Ankunft 09.00 Uhr Ortszeit, Zeitverschiebung zur Schweiz: + 4 Stunden (Sommerzeit).

Der Flughafen in Bishkek war klein und übersichtlich. Die Kontrolle des PCR-Tests erfolgte meiner Ansicht nach sehr oberflächlich. Hauptsache das richtige Datum stand darauf, der Rest interessierte sie nicht. Ich war sicher, ich hätte einen handgeschriebenen PCR-Test hinhalten können, ich wäre mit dem richtigen Datum durchgekommen. Ab hier organisierte Kari einen Transfer mit Bussen nach Osh. Vor Reiseantritt warnte und Kari noch: «Ihr seid gekocht wenn wir in Osh ankommen» Er hatte recht. Nach knappen 13 Stunden Busfahrt hatte mein Sitz im Bus die Form meines Arsches angenommen, oder umgekehrt. Die Strassen hatten alle Zustände. Von «gut geteert» bis zum «Römerweg» war alles dabei. Krass fand ich die vielen Schlaglöcher und die grossen Steine auf den Strassen. Teilweise waren es keine Löcher, sondern Gruben. Andere Länder, andere Strassen, oder so.

Um 23.00 Uhr waren in Osh im Hotel angekommen. Ein kurzes Nachtessen und ein Bier (manche brauchten nach der Busfahrt mehrere Biere) gaben der Anreise ins Land den Abschluss.

Montag 12. Juli - Reise von Osh ins Basislager-Lager

Ausschlafen und Frühstück im Hotel. Das Buffet war sehr gut und reichhaltig. Das Personal hingegen wollte mit uns Gästen möglichst nicht sprechen. Den Grund dazu vermutete ich in ihrem schlechten English. Meine Erfahrungen im asiatischen Raum waren immer gleich: Ja nicht Englisch sprechen. Für mich war das kein Problem. Um 10.00 Uhr war Abfahrt ins Basislager. 6 Stunden dauerte die Fahrt. Ein Schnäppchen zu gestern! Die letzten 30 km Strasse, oder besser gesagt Route, erinnerten an eine Rallye-Trophy in der Wüste. Die Staubentwicklung war beim Fahren war so stark, dass der Staub sogar ins Fahrzeuginnere eindrang. Benebelt und röchelnd ergaben wir uns der Fahrt. Durchgeschüttelt und durchgehudlet erreichten wir das Base Camp auf 3600 m. Die Beschreibung der abenteuerlichen Anreise ins Base Camp auf der Homepage bei Kobler`s war nicht im geringsten übertrieben. Es gab uns allen einen ersten Vorgeschmack auf die Expedition. Es regnete in Strömen und die Temperatur war zwei Jacken kälter hier oben. Jeder erhielt sein eigenes Zelt mit Schaumstoffmatratze und sogar einer elektrischen Lampe und einer Steckdose. Voll «Deluxe» diese Ausstattung im Basislager. In der Mitte des Lagers befand sich eine beheizte Jurte, in der wir uns verpflegten. Ein Rudel von einheimischen Helfern und Köchen verpflegten uns fürstlich. Mit einem Stromgenerator wurde der Strom erzeugt. Eine Sauna, ja richtig gehört, eine Sauna rundete die Ausstattung hier oben ab. Krass dieser Service an diesem abgeschiedenen Ort.

Am Abend informierte uns Kari über den weiteren Verlauf und das Programm des folgenden Tages. Eine Sache war ihm besonders wichtig: Die 10 goldenen Regeln auf einer Expedition.

Offene Kommunikation untereinander

Ehrlicher und fairer Umgang unter allen Teilnehmern

Hilfsbereitschaft

Jeden Tag nehmen wie er kommt und nicht schon jetzt an den Gipfel denken

Das Wetter macht das Programm und nicht die Wünsche der Teilnehmer

Gesundheit erhalten – ohne diese geht nichts

Die anderen habe ich vergessen

So ging der erste Tag im Base Camp vorbei und die Expedition hatte für mich richtig begonnen.

Dienstag 13. Juli – Neuschnee im Base Camp, Wanderung

Die erste Nacht im Base Camp liess zu wünschen übrig. Ich hatte schlecht geschlafen wegen der härteren Schlafunterlage, der Zeitverschiebung und vor allem dem Schneefall, der letzte Nacht dicht über meinem Kopf, nur getrennt von einer Zeltbahn, nieder ging. Frühstück war um 08:00Uhr. Spiegeleier mit Speck, Haferbrei, Wurst, Käse, Brot, Kaffee – alles, was das Herz begehrte. Um den Tag zu nutzen und die Akklimatisation zu fördern, unternahmen wir eine 3-stündige Wanderung in der Umgebung. Die Landschaft auf diese Höhe war immer noch grün und wurde von Hirten mit Rindern und Pferden in der kurzen Sommerzeit genutzt. Die Kleidung der Teilnehmer konnte nicht unterschiedlicher sein. Einige hatten 5 Schichten angezogen, andere waren in leichten Trekkinghosen am Start. Mir wurde sofort klar, woher die Unterschiede der Reisegepäck-Grösse kamen (siehe Samstag 10 Juli). Nach dem ersten Kilometer mussten sich die „Eingemummten“ mit roten angelaufenen Köpfen aus ihrer Kleiderorgie entledigen. Zwei Teilnehmer hatten bereits in der Nacht Kopfschmerzen wegen der Höhe und konnten nicht an der Wanderung teilnehmen. Das fängt ja gut an, dachte ich mir. Hoffentlich geht es denen bald besser! Der Rest des Tages war Einleben im Lager, Teilnehmer besser kennen lernen, viel Tee trinken und dauernd aufs WC gehen.

Mittwoch 14. Juli – Akklimatisation, Sauna

Die letzte Nacht hatte ich schon besser geschlafen. Morgenritual wie gestern, Abmarsch um 09.00 Uhr für eine Wanderung auf gut 4000 m. Die Kleidung der Teilnehmer hatte wieder die volle Bandbreite. Von kurzen Hosen bis zum «Voll Gore-Tex-Anzug» war alles vertreten. Es war wirklich nicht einfach, zu Beginn die richtige Wahl der Kleider zu treffen. Neues Land, neues Klima, neue Höhe, neue Erfahrungen. Das wird schon. Am Nachmittag wurde die Sauna aufgeheizt. Alle die wollten, konnten sich hier sieden lassen. Sie war in einem Zelt integriert und voll funktionsfähig. Einen Vorraum mit Duschmöglichkeit und die Sauna selber bildeten dieses Teil. Ich hatte meine Bedenken wann dieses Ding abfackeln würde bei dieser Hitze. Doch offenbar war das bewährte Technik, die sehr gut funktionierte. Die Brandschutzvorschriften, die in der Schweiz gelten, wären den Untergang diese Sauna gewesen. Andere Länder, andere ... den Rest kennt man ja. Wie frisch geboren wurde der Rest des Tages mit Kleider waschen im Bächlein und Schlafsack-Lüften verbracht. Er war ein universeller Putztag!

Donnerstag 15. Juli – Aufstieg ins Lager 1

Endlich ging es los mit dem Aufstieg ins Lager 1. Die Träger wogen das Gepäck aller Teilnehmer ab. Sie waren bezahlt nach kg die sie ins Lager 1 schleppten. Ganze 600kg mussten da hoch. Darin waren auch allgemeine Ausrüstungen für die Hochlager wie Kocher, Zelte, Seile, Funkgeräte, Medikamente und Esswaren dabei. Wir Teilnehmer hatten nur einen leichten Rucksack am Rücken. Als uns die richtig schwer beladenen Pferde und Esel mit unserem «Plunder» auf dem Zustieg überholten, hatte ich Mitleid mit den Viechern. Wir wandern da schwer atmend hoch, und diese überhohlen uns mit 60 – 80kg Ladung. Hier wurde mir bewusst, wie viel Support wir bequemen Europäer brauchen, um auf so einen Berg zu kommen. Und, genau genommen und ehrlich betrachtet, ist diese Bergsteigerei ein reines Luxusproblem. Andererseits verdienen viele Einheimische Ihren Lohn damit. Über Sinn oder Unsinn muss sich jeder seinen Meinung bilden. Ich war auch hier ...

Nach 3.5 Stunden Marsch erreichten wir das Lager 1 auf 4400m. Es brauchte eine weitere Jacke mehr. Jeder erhielt wieder sein eigenes Zelt mit gleicher Ausrüstung wie im Base Camp. Top! Sogar eine Sauna war hier oben. Ich dachte wieder an die Pferde...

Ein paar der Teilnehmer spürten wieder die Höhe in Form von Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit. Ich blieb zum Glück verschont. Nach dem Mittagessen machte ich noch eine kleine Wanderung auf einen Hügel auf 4650m. Immer in ein bisschen in Bewegung bleiben war mein Motto.

Ein Bergführer aus Adelboden gab mir vorgängig folgende Tipps für in der Höhe:

Alles geht langsamer – keine Hast in der Höhe.

Gesund bleiben – ohne die Gesundheit geht nichts mehr

Den Kopf immer hoch halten – Physisch beim Schlafen oder Schuhe binden; psychisch wenn`s mal nicht so rund läuft

Trinken, trinken, trinken

Erholung ist wichtig und geht länger in der Höhe

Freitag 16. Juli – Das „Essgelage“ von Kari

Heute war befohlener Ruhetag. Ich bewegte mich zwar lieber, musste aber scheinbar sein. Nach dem Morgenessen zog ich meine Expeditionsschuhe an und machte eine Wanderungen in diesen «Mondschuhen». Ich hatte diese Monster noch nie an und musste mich ein bisschen einlaufen und angewöhnen an die Dinger. Superwarm aber klobig konnte das Eintragen zusammengefasst werden. Am Nachmittag hielt Kari sein angekündigtes «Essgelage» mit allen Teilnehmern ab. Er präsentierte uns alles vorhandene Essen draussen in Form einer richtigen Auslegeordnung. Unmengen an Riegel, Müesli, Fleisch, Tee, Kaffee etc. lagen auf dem Boden. Grund dieser Essenshow war, das keine Hamsterei aufkommt ...

Fortsetzung folgt ...

Impressum:

Dieser Reisebericht schildert meine persönlichen Erlebnisse und Eindrücke. Es soll den LeserInnen einen Einblick ins wirklich erlebte geben. Er gilt nicht stellvertretend oder wertend für die anderen Expeditionsteilnehmer. Aus Persönlichkeitsgründen werden nur Vornamen der anderen Teilnehmer genannt.